Artikel aus dem Hope Magazin
Das hast du gut gemacht
Wie Familie ein anziehender Ort sein kann

»Immer, wenn ich mit meinen Eltern spielen möchte, müssen sie was am Handy machen. Bin ich ihnen denn gar nicht wichtig?«
So oder so ähnlich antworteten spontan mehrere Schüler der 2. Grundschulklasse auf meine Frage, was sie an ihrer Familie schätzen und was sie gerne verändern würden. Damit hatte ich nicht gerechnet. Meist vermutet man es ja umgekehrt. Tatsächlich bekommt man auch Kinder und besonders Jugendliche nur schwer von ihren Smartphones weg. Aber wie auch immer. Die Antworten zeigen tatsächlich ein problematisches Handyverhalten der Eltern auf. Das ist die eine Sache. Die andere bringt einen aber noch mehr ins Grübeln. Sie machen deutlich, was ich auch immer wieder in unserer Gesellschaft beobachte: Es fällt uns enorm schwer, positive Erlebnisse, Eigenschaften oder Qualitäten aufzuzählen – in diesem Fall, etwas Positives über die Familie zu sagen. Schließlich wollte ich von den Kindern wissen, was sie an ihrer Familie schätzen und was sie gerne verändern würden.
Warum fällt es auch Erwachsenen oft so schwer, sich auf das Positive im Leben, auf gute Entscheidungen oder auf tolle Eigenschaften unserer Mitmenschen zu konzentrieren und diese auch zu kommunizieren? Liegt es vielleicht generell an einer pessimistischen Grundeinstellung oder fürchtet man, dass man mit einer positiven, bejahenden Sicht nicht ernst genommen wird? Vielleicht befürchten auch manche zu Unrecht, dass der Wille zur Veränderung verloren geht, wenn man das Gute betont.
Die sogenannte lösungsorientierte Beratung hat einen interessanten Ansatz in der Problemlösung.
Viele Pädagogen arbeiten bereits mit diesem neuen Konzept, das unter anderem vorsieht, durch Fragestellungen die Kinder bzw. die zu beratenden Personen dahin zu führen, dass sie sich nicht mehr auf die Probleme konzentrieren. Sie werden dazu angeregt, über das nachzudenken, was in der Vergangenheit geklappt hat und auch im Moment gut gelingt. Diese Erkenntnisse sind für gegenwärtige und zukünftige schwierige Situationen wichtig, da sie einen großen Erfahrungsschatz bergen. Man versucht daraus Lösungen zu finden und die einzelnen Lösungsschritte gemeinsam zu erarbeiten.
Diese Methode würde auch Eltern in ihrer Erziehung helfen. Wenn z. B. ein Vater das Gefühl hat, seine Kinder reagieren respektlos, wäre es hilfreich, sich an die Situationen zu erinnern, in denen die Kinder sich ganz anders verhielten. Oder: Anstatt sich immer wieder darüber zu beklagen, wie wenig ein Kind im Haushalt mithilft, könnte man sich z. B. die Situationen in Erinnerung rufen, in denen das Kind hilfsbereit gewesen war. Was war da anders? Hat man womöglich selbst zur Unlust beigetragen? Es ist enorm hilfreich, die positiven Situationen in Erinnerung zu rufen, sie zu vergegenwärtigen und durch kleine Gesten zu zeigen, wieviel Freude man über dieses Verhalten hat.
Wenn ich Gespräche mit Kindern führe und mich auf ihre positiven Eigenschaften und Erlebnisse konzentriere, blühen sie richtig auf und haben nicht mehr das Gefühl, alles falsch zu machen. Ich würde mir auch wünschen, dass in Familien viel öfter darüber gesprochen wird, was gut läuft und man es auch sagt, wenn sich jemand toll verhalten hat. Das bedeutet nicht, dass Fehlverhalten nicht mehr aufgezeigt und Eltern nicht mehr korrigieren dürfen. Es bedeutet vielmehr, dass der Fokus auf das gelegt wird, was bisher gut funktioniert hat und man dadurch für die Problemlösung inspiriert wird.
Auch Jesus hat Menschen gezeigt, dass sie wertvoll sind, egal, was sie in ihrem Leben verbrochen hatten. Diese freundliche Zuwendung und Liebe veränderten schließlich ihr Herz und ihr Verhalten.
Die Schüler der 2. Grundschulklasse haben auf meine wiederholte Nachfrage hin auch einige Situationen schildern können, in denen ihre Eltern ihr Handy doch beiseite gelegt hatten. Nach unserem gemeinsamen Austausch haben sich etliche von ihnen entschieden, ihren Eltern betreffend Handy einen lieben Brief zu schreiben – mit recht gutem Erfolg, wie sie mir später mitgeteilt haben.
Deshalb liebe Mütter und Väter: Ihr habt einen tollen Job. Eure Kinder lieben euch und schauen zu euch auf. Auch wenn euch mal etwas nicht so gut gelingt, sie lieben euch dennoch von ganzem Herzen. Konzentriert euch darauf, was ihr und eure Kinder richtig machen und tauscht euch darüber aus. So wird die Familie ein anziehender Ort für alle Zeiten sein und bleiben!
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Ein Service der Hope Hörbücherei.

Autor: Natalie Molnar
Natalie Molnar, M.A., Sozialarbeiterin, mag Menschen, liebt Toleranz und wird beim Sport so richtig ehrgeizig
Artikel-Bildnachweis: Evgeny Atamanenko – Shutterstock