Artikel aus dem Hope Magazin
Interview mit Rainer Diehl
Ich habe mich wertlos gefühlt ...

»Ich habe mich wertlos gefühlt und bin in eine Alkohol- und Drogensucht gerutscht. Doch vor 40 Jahren hat mein neues Leben in Freiheit begonnen.« Im Gespräch mit Gabi Pratz erzählt Rainer Diehl von seiner Einsamkeit und seinem neuen erfüllten Leben.
Warum haben Sie sich als Kind wertlos gefühlt?
Meine Eltern haben keine Zeit für mich und meinen Bruder gehabt und sich nicht um uns kümmern können. Sie haben gebaut und um mehr Geld zu verdienen, haben sie nach Feierabend gekellnert. Unsere Erziehung hat dann meine Urgroßmutter übernommen. Für mich ist es eine schwierige Zeit gewesen, da meine Urgroßmutter entweder jemanden geliebt oder gehasst hat – mich hat sie leider gehasst. »Du musst das jetzt aushalten, sonst können wir unser Haus nicht abbezahlen«, ist der Kommentar meiner Eltern dazu gewesen.
Wie haben Sie damit gelebt?
Als 11-Jähriger habe ich mich einer Handballmannschaft angeschlossen – für die nächsten fünf Jahre ist sie meine Familie gewesen. Wir haben als Team gemeinsam gewonnen und verloren und haben uns auch außerhalb des Trainings getroffen. Mit 16 Jahren ist diese Zeit dann vorbei gewesen und ich habe meine Einsamkeit umso mehr gespürt. Diese Zeit hat mich in eine andere Richtung geführt.
Was ist passiert?
Zunächst habe ich nicht gewusst, wohin ich gehen sollte. Eines Abends bin ich in eine Kneipe gegangen und traf dort Klassenkameraden, die lachend am Tresen standen. Es ging ihnen ganz offensichtlich gut, während ich alleine an meinem Tisch saß. Sie spendierten mir einen Drink, und so habe ich diese Clique kennen gelernt. Wir haben uns dann jeden Abend getroffen, haben getrunken und nach und nach bin ich tiefer in eine Alkohol- und Drogenabhängigkeit gerutscht. Leider bin ich soweit abgerutscht, dass ich meine Eltern und die Mitbewohner meiner WG bestohlen habe. Als sie mich beim Dealen erwischten, drohte mir Gefängnis und ich stand auf einmal mit dem Rücken zur Wand. Gläubiger meldeten sich und mir wurde klar, dass ich etwas tun musste.
An was für eine Lösung haben Sie dann gedacht?
Ich habe damals gehört, dass Gläubiger das Geld nicht einfach einfordern können, wenn ich in einer stationären Langzeittherapie bin. So bin ich zu einem Drogenberater gegangen. Ich habe ihm alle offenen Rechnungen gebracht, denn er hatte mir versprochen, sich darum zu kümmern. Etwas später kam er zu meiner Arbeitsstelle und »erinnerte« mich an meinen geplanten Entzug. Meine sechsmonatige Langzeittherapie hat dann begonnen. Aber frei werden – das habe ich eigentlich nicht vorgehabt. Nur nicht ins Gefängnis.
Das ist keine gute Voraussetzung für eine Therapie …
Genau, und in den ersten drei Monate habe ich oft gedacht: »Wann ist das hier vorbei, wann kann ich weitermachen wie vorher?« Erst nach ca. drei Monaten kam plötzlich ein anderer Gedanke. Ich weiß nicht warum, aber ab diesem Zeitpunkt wollte ich etwas verändern und war voller Motivation.
Sie haben den Entzug also geschafft?
Ja, zum Glück. Nach der Therapie habe ich meine Ausbildung abgeschlossen. Etwas später habe ich meine Frau kennengelernt, und wir haben geheiratet. Durch meine Frau, die Christin ist, habe ich Gott gefunden und dies erinnert mich an meine Oma Salome, die immer für mich gebetet hat. Heute bin ich meiner Oma dankbar für ihre Gebete.
Wie erleben Sie Gott?
Gott erlebe ich als meinen Vater im Himmel und Jesus als meinen besten Freund. Ich würde nicht hier sein, wenn Jesus mich nicht durch diese ganze Zeit geführt hätte. Mein Bibeltext, den ich bei meiner Taufe bekommen habe, könnte nicht treffender sein: »Ist jemand in Jesus, so ist er eine neue Kreatur. Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.« (2. Korinther 5,17)
Vielen Dank für das Mut machende Gespräch.
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Autor: Gabi Pratz
Artikel-Bildnachweis: Will Rode