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01.03.2023

Umbrüche im Leben meistern

Wie geht das?

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Als ich vor einigen Monaten in Rente ging, war ich am Ende. Nein, keine Sorge, ich war nicht so „am Ende“, wie das aufs erste Lesen klingen mag. Ich war nach 43 Jahren einfach am Ende meines Berufslebens angelangt, so wie das Millionen andere auch erleben. Nichts Besonderes also. Schließlich hatte ich jahrelang Zeit, mich auf dieses Ende einzustellen. Doch ich gebe zu, dass es trotzdem eine Herausforderung ist, und dies auch deshalb, weil ich das sogenannte „Rentenalter“ eigentlich nicht fühle. Die wichtige Frage ist, wie ich damit umgehe.

Anfang und Ende

Es ist Teil unseres menschlichen Schicksals, dass unser Leben aus Anfang und Ende besteht und dass wir ständig damit konfrontiert werden. Wir haben uns so daran gewöhnt, dass es fast körperlich wehtut, wenn wir versuchen, uns die Ewigkeit vorzustellen. Jeder Tag hat einen Morgen und einen Abend, jedes Jahr geht an Silvester zu Ende, bevor ein neues beginnt. Leider ist jeder Urlaub irgendwann zu Ende, und zum Glück ist fast jede Krankheit irgendwann vorüber. Wenn sie nicht vorübergeht, ist sie vielleicht tödlich, und wir schauen schockiert einem nahen Ende unseres Lebens ins trostlose Angesicht. „Alles hat seine Zeit“ schrieb schon der weise Salomo, und er meinte damit die zeitliche Begrenzung all dessen, was geschieht, sei es gut oder ungut. Wir leben damit, dass nicht alles so bleibt wie es ist, aber wir müssen uns unbewusst oder bewusst immer wieder damit auseinandersetzen. Veränderung ist herausfordernd, weil wir nicht jede Veränderung mögen, und weil selbst diejenige, die wir herbeigewünscht und -geführt haben, unsere Anpassungsfähigkeit fordert. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, meint Hermann Hesse, und auch wenn dieses Zitat überstrapaziert wird, enthält es doch eine wichtige Wahrheit. 

Segen und Fluch

Wir lieben nämlich das Neue, weil es die eintönige Routine durchbricht, weil es uns etwas Gutes verheißt, so hoffen wir zumindest. Gerade in diesem Empfinden zeigt sich unsere Herkunft als Geschöpfe Gottes. Wir sind angelegt auf das Neue, Unversehrte, Unverdorbene, wie ein Vermächtnis aus dem Paradies ist es in uns hineingelegt. Doch die Kehrseite dieses Segens ist der Fluch des Abschiednehmens, des Abschließens. Denn auf unserem Planeten gibt es nichts Neues ohne das Alte, das wir manchmal abwertend veraltet nennen. Wegwerfgesellschaft – das ist das passende Stichwort. Der Reiz des Neuen mindert den Wert des Bisherigen, und erst seit wir ein stärkeres Bewusstsein für das Schwinden der Ressourcen gewinnen, gibt es auch Reparatur-Cafés, wo ich die alte Nähmaschine hinbringen kann, statt sie zu entsorgen. Die Besinnung auf das Bewährte tut ja nicht nur der Umwelt und dem Geldbeutel gut, sondern auch der Seele, nämlich dann, wenn ich merke, dass das Alte einen Wert hat, den das Neue gar nicht ersetzen kann.

Bleiben und Gehen

Wir müssen in unserem Leben ständig mit Veränderungen rechnen. Die gute Nachricht ist, dass wir Menschen das Potenzial haben, damit umzugehen. Jede Veränderung bedingt Anpassung, und Anpassung bedeutet seelischen Stress. Wir sind eben Gewohnheitstiere, und weil das so ist, sagen uns die Lebensberater, dass wir nur eine gewisse Anzahl von Veränderungen gleichzeitig vertragen. Sofern wir es in der Hand haben, ist es klug, nicht zu viel auf einmal zu verändern. Wenn wir das beherzigen, haben wir gute Chancen, damit klarzukommen. Haben wir es nicht in der Hand, weil die unheilbare Krankheit unseres Partners mit dem Verlust der eigenen Arbeitsstelle zusammenfällt und unser Vermieter uns obendrein noch die Wohnung kündigt, dann brauchen wir Hilfe von außen. Das ist umso dringender, je tiefer die Veränderungen unsere Seele und unser Lebensgefühl angreifen. 

Das Allerwichtigste ist allerdings, dass es etwas Bleibendes in unserem Leben gibt, mindestens eine Konstante, mit der wir rechnen, auf die wir zählen können. Das kann ein Ort sein, an dem wir uns wohlfühlen, oder eine liebgewordene Gewohnheit, die uns Frieden inmitten von Chaos vermittelt. Ohne Frage ist ein Mensch viel wertvoller, jemand, auf den wir uns verlassen können, der für uns da ist, der uns versteht, der uns unter die Arme greift, und das kann durchaus buchstäblich gemeint sein, wenn wir tatkräftige Hilfe brauchen. Wenn ich Neuland betrete, muss ich einen sicheren Ort in mir drin haben, der konstant bleibt. Man könnte auch sagen: Ich muss bei mir selbst bleiben, auch wenn ich gehen muss. Dabei kann eine andere Person mir behilflich sein, wenn sie mir aktiv zuhört und mich nicht mit billigen Ratschlägen zutextet, sondern mir beweist, dass sie vertrauenswürdig ist.

Zuversicht und Gewissheit

Die wichtigste Konstante ist der Schöpfer selbst. In der Bibel heißt es dazu: „Lasst euch genügen an dem, was da ist. Denn der Herr hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen. So können auch wir getrost sagen: Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten, was kann mir ein Mensch tun?“ Und ein Satz weiter steht: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Hebräer 13,5-6.8). Genau hier liegt unser größtes Potenzial, erfolgreich mit Veränderungen und Umbrüchen umzugehen. Selbst wenn wir keinen einzigen Menschen hätten, der das Bleibende verkörpert, gibt es in Gott und Jesus Christus jemanden, der uns nie vergisst oder im Stich lässt. Und das ist ja nicht alles! Dieser Gott hat versprochen, dass er etwas ganz Neues schaffen wird, wenn diese Erde ihr verdientes Ende findet. Und er will, dass wir Teil dieser Neuschöpfung sind. Das ist dann das Ende, das nur gut sein wird, weil das Neue, das Gott schaffen wird, den Abschied vom Alten leichtmacht. Je mehr Gott im Leben Realität ist, umso eher wird diese Zuversicht zu einer echten Gewissheit.

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Autor: Winfried Vogel

war bis Ende 2022 Redakteur und Moderator bei Hope Media. Er ist jetzt im aktiven Ruhestand.

 

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