Artikel zum Thema "Gesundheit"

28.05.2019

Auf die Plätze, fertig ... stopp!

Regenerieren ganz praktisch

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Auf die Plätze, fertig … stopp! Regenerieren ganz praktisch

Das Perpetuum mobile,eine Konstruktion, die, einmal in Gang gesetzt, aus sich heraus in der Lage ist, sich ständig ohne Energiezufuhr von außen in Bewegung zu halten, hat seit jeher die menschliche Vorstellung beflügelt. Die Suche nach einer solchen Konstruktion ist wohl mit der Faszination zu erklären, die von niemals endender Kraft und Dynamik ausgeht. Wie attraktiv erscheint doch der Gedanke, ohne äußerliches Zutun, immer und für immer mobil und aktiv sein zu können. Denn eines zeigt sich leider in unserem Leben sehr deutlich: Wir können nicht alles, nicht immer und schon gar nicht ununterbrochen. Wir sind einfach kein Perpetuum mobile.

Der Mensch ist sehr wohl zu Höchstleistungen fähig. Ein trainierter Körper sowie ein heller Geist vermögen in ihrer Leistungsfähigkeit zu beeindrucken. Sogar der Durchschnittsmensch kann von jetzt auf gleich etwas Übermenschliches leisten. Der Stoff dahinter heißt Adrenalin, und sein Auslöser ist der Stress. Der Körper entlädt seine geballten Reserven, um kurzfristig über sich hinauszuwachsen. Doch danach braucht er dringend ein ausgleichendes Abflauen seiner Funktionen. Er muss zur Ruhe kommen. Wir sind definitiv kein Perpetuum mobile.

WIR BRAUCHEN MEHR PHASEN, in denen wir abschalten und uns erholen können.Auch wenn sich die Erschöpfung meistens schleichend, eher durch stetiges Zehren als durch besonders intensive Stressmomente einstellt, so muss dem Organismus doch die Möglichkeit gegeben werden, sich zu regenerieren. Das darf nicht einfach auf das Wochenende, den Feiertag oder den nächsten Urlaub vertagt werden. Jede Nacht, wenn wir uns schlafen legen, beginnen wunderbare Prozesse der Erneuerung in uns abzulaufen, die so vielfältig sind, dass die Forschung sie nur schrittweise entschlüsseln kann.

Dieser Tag-Nacht-Rhythmus ist als gesunde Routine von elementarer Bedeutung für die Gesundheit. Aber es gibt eine weitere Notwendigkeit, und zwar die eines Durchbrechens der Routine. Es scheint diesbezüglich einen wichtigen Zyklus zu geben, der eine wöchentliche Auszeit betrifft. Jeder Werktätige spürt den Wert einer Auszeit am Ende einer Arbeitswoche. Wer durch Schichtdienste diesen Zyklus einbüßt, kennt den Verlust, der damit einhergeht. Schon im Schöpfungsbericht wird die Schaffung von Regenerationszeit zu einem zentralen Thema, dann nämlich, als der Schöpfer nach sechs Tagen grandioser kreativer Arbeit mit dem siebenten Tag die Auszeit erfindet. Dieses Geschenk an die Menschheit zu entdecken, ist es sicher wert, wieder einmal einen frischen Blick auf die ersten Seiten der Bibel zu werfen.

Und dann ist da noch der Urlaub.In einer Gesellschaft, die uns massiv fordert, hat es sich zu Recht bewährt, eine zusätzliche Zeit des Abschaltens einzurichten. Urlaub ist die Möglichkeit, durch einen grundlegenden Rhythmuswechsel zeitweise komplett auszusteigen, Abstand zu gewinnen und sich gründlich zu erholen. Die Verlockung ist allerdings groß, sich die Zeit mit allerlei Aktivitäten vollzustopfen oder aus einem vernachlässigten Lebenshunger heraus in wenig erholsame oder gar ungesunde Verhaltensmuster zu verfallen. Am Schluss hat man womöglich zu viel erlebt und sich zu wenig wiederhergestellt. Dabei wäre es doch schön, wenn man sich nach der kommenden Urlaubszeit wie neugeboren fühlen würde!

Zeit der Regeneration ist keine unproduktive, verlorene Zeit.Sie ist genauso Teil unseres Lebens wie die Zeiten höchster Produktivität. In diesem Kontext noch ein Aspekt zum Nachdenken: Die Momente, in denen wir entspannen, tragen mehr zu dem bei, was wir sind, als man meint. Womöglich sind Ruhephasen sogar wegweisender für unser Leben als die vielen Tage, an denen wir ach so viel auf die Beine stellen. Warum? Weil es im Stillen ist, wo wir zu uns selbst finden, uns ausrichten, abgleichen und auch in besonderem Maße bereichern können. Wichtige Fragen haben eine Chance, sich durch die dicken Stöße an To-do-Listen einen Weg in unser Bewusstsein zu bahnen. Wir können Problembereiche unseres Seins wahrnehmen und etwas dafür tun, richtige Weichen in unserem Leben zu stellen. In der Ruhe eines Waldspazierganges, einer Bergkulisse oder eines Sonnenaufgangs am Meer erhaschen wir gar wieder ein wenig von der Größe Gottes, strecken uns erneut nach der Quelle des verloren gegangenen, inneren Friedens aus und öffnen uns jener göttlichen Hoffnung, die jenseits allen Trubels unserer Welt Bestand hat. In diesem Sinne: Besonders erholsame Tage!

Dr. Ariel Noltze

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Autor: Dr. Ariel Noltze

Dr. Ariel Noltze ist Plastischer Chirurg und leitender Oberarzt einer Abteilung für Wiederherstellungschirurgie in Wien.

Artikel-Bildnachweis: jakkapan – Shutterstock