Artikel zum Thema "Glaube"

01.12.2022

Alle Jahre wieder

... der Streit um Weihnachten

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Weihnachten – Zeit der Tannen, Kerzen und Geschenke. Lebkuchen, Zuckerkringel, Nougatzapfen. Krippenspiele, Mitternachtsmesse, Weihnachtsmärkte. Und aus allen Lautsprechern klingt: „Stille Nacht, heilige Nacht.“

Weihnachten ist zum Familienfest geworden, zur Konsumparty, zum Fest der großen Gefühle, die wir uns im Alltag nicht mehr leisten wollen oder können. Zu einem Fest, bei dem Kirche, Gott und Jesuskind eigentlich überflüssig sind, wäre da nicht die Tradition, wenigstens einmal im Jahr eine Kirche zu besuchen, wo uns mächtige Orgelklänge erschauern lassen und eine zarte, helle Kinderstimme singt: „Vom Himmel hoch, da komm ich her. Ich bring euch gute, neue Mär.“

Gute, neue Mär? Das kommt doch von Märchen, oder? So denkt jedenfalls mancher Zeitgenosse, wickelt seine neue Krawatte und seine Socken aus dem Weihnachtspapier, schiebt sich einen Dominostein in den Mund und schaltet den Fernseher ein, um mit Bruce Willis oder Steven Segal abzuschalten. „Friede auf Erden“, dafür sorgen die beiden mit Knarre und Fäusten auf jeden Fall und todsicher.

Geburtstagsfeier für Jesus

Weihnachten – Feier der Geburt Jesu. Sohn Gottes, gekommen, um uns Menschen von Sünde und Schuld zu erlösen. Um uns Hoffnung zu schenken, ewiges Leben, eine großartige Zukunft. Das muss man doch feiern, oder? Vielleicht nicht mit Tannenbaum und Krippenspiel. Aber daran denken und sich darüber freuen, das muss doch drin sein, nicht wahr?

Die Bibel berichtet uns ausführlich über die Geburt Jesu. Doch sie sagt nicht, wann genau sie stattfand – wahrscheinlich aber im Herbst, nicht Ende Dezember. Juden haben keine Geburtstage gefeiert, auch wenn Gott dies in der Heiligen Schrift nicht verboten hat. Deshalb war das Datum für die Schreiber des Neuen Testamentes nicht wichtig. 

Doch die Christen der nächsten Generationen dachten anders. Warum nicht den Tag der Geburt eines Menschen mit einer Feier herausheben – den Tag, an dem ihm das Leben geschenkt wurde? 

Und wenn Menschen sich schon über einen neuen Erdenbürger freuen, warum dann nicht auch das Kommen des großartigsten Wesens feiern, das jemals geboren wurde? Des Erlösers, der uns Menschen das ewige Leben ermöglicht hat? Wenn er nicht gekommen wäre, bliebe uns nur dieses eine von Leid und Tod geprägte Leben. – Kein Wunder, dass Christen sich eine Geburtstagsfeier für Jesus wünschen.

Heidnisches Gerümpel

Aber hat Weihnachten nicht einen heidnischen Ursprung? Saturnalien, dieses römische Karnevalsfest, Sonnenanbetung, Gebräuche und Traditionen aus alten Totenkulten – das alles hat doch dieses angeblich christliche Fest geprägt! Also, weg mit all diesem heidnischen Gerümpel! Weg mit den gefühlsseligen Kirchenbesuchen einmal im Jahr. Weg mit Schwelgen und Konsumrausch. Weg mit diesem süßlichen Weihnachtsgedudel! Jesus Christus kommt nicht alle Jahre wieder auf die Erde, und schon gar nicht als Kind. Er kam einmal als Kind, um für die Schuld aller Menschen zu leiden und sie zu erlösen. Das zweite Mal wird er am Ende der Zeit kommen, um Gericht zu halten – um alles wieder richtig zu machen, was wir Menschen falsch und kaputt gemacht haben. Also, weg mit diesem ganzen Weihnachtsrummel!

Zugegeben, da ist viel Wahres dran. Nur sollten wir den neugeborenen Jesus nicht gleich mit der Futterkrippe auskippen.

Kontrapunkte setzen

Vieles rund um das Weihnachtsfest hat zwar einen heidnischen Ursprung, es hat heute aber keine heidnische oder magische Bedeutung mehr. Wenn wir beispielsweise Lebkuchen (Lebenskuchen) essen, denken wir nicht daran, dass sie früher Sonnenscheiben darstellten, die auf magische Weise Lebenskraft vermitteln sollten. 

Ich weiß, das klingt jetzt provozierend. Eins darf aber nicht vergessen werden: Das Weihnachtsfest wurde von der Kirche als Kampfansage an die heidnischen Feste der damaligen Zeit eingesetzt, um diese zu verdrängen. Dabei wurden zwar viele heidnische Gebräuche zuerst bekämpft, dann aber übernommen. Sie wurden jedoch auch christlich umgedeutet. Das christliche Weihnachtsfest war also in seinem Ursprung anti-heidnisch: Nicht der Sonnengott bringt Leben, Licht und Hoffnung in die Welt, sondern Jesus Christus.

Egal, wie jemand Weihnachten nun bewerten mag: Wer alles verwerfen will, was aus dem Heidentum stammt, muss konsequenterweise auch Geburtstagsfeiern, Eheringe, Pfeifenorgeln, Flötenspiel, Kerzen oder Choräle ablehnen, um nur einige Beispiele aufzuzählen.

Ein dankbares Erinnern an das Kommen des Erlösers in die Welt ist sicherlich nicht verkehrt. Sogar die Engel stimmten am Tag der Geburt Jesu einen Lobgesang an. Wird dieses Fest aber zu einem Konsumrausch, umrahmt von ein paar christlichen Gefühlen, dann ist dies sicherlich etwas anderes. Hier können Christen wie damals einen Kontrapunkt des Glaubens setzen. Christus liegt eben heute nicht mehr in der Krippe, sondern er will unser persönlicher Freund und Erlöser sein.

Bild vom Autor zum Weblog Alle Jahre wieder

Autor: Siegfried Wittwer