Artikel zum Thema "Kolumne"
Das Flüchtlingskind
Die Kolumne mit René Walter
Ich erinnere mich noch gut daran, als meine beiden jüngeren Geschwister bei einem weihnachtlichen Kinder-Krippenspiel Josef und Maria mimten und vor dem bösen Herbergsbesitzer um Einlass baten. Süß waren sie, die beiden Darsteller. Doch das half ihnen nicht: »Wer klopfet an?« »Oh, zwei gar arme Leut!« »Was wollt ihr denn?« »Oh, gebt uns Herberge heut!« »Nein, nein, nein, es kann nicht sein. Da geht nur fort, ihr kommt nicht rein!«
Trotz hochschwangerem Babybauch bekommt das Ehepaar keine bessere Unterkunft als einen Stall. Und nicht nur das! Kaum geboren wird der neugeborene Jesus auch noch mit dem Tode bedroht und verfolgt. Die Familie muss das Land verlassen (Matthäus 2).
Jesus Christus, der Erlöser der Welt, ein Flüchtlingskind. Als Asylant nach Ägypten. Dort lässt man ihn rein. Jesus verbringt somit seine ersten Lebensjahre im Ausland. So überliefert es uns die biblische Flüchtlingstragödie, pardon, Weihnachtsgeschichte. Als die Gefahr im Heimatland gebannt ist, kehrt die Flüchtlingsfamilie wieder zurück.
An unseren Haustüren klopfen seit geraumer Zeit auch viele Menschen, die auf der Flucht vor drohender Verfolgung sind. Finden sie Platz in der Herberge?
In der Bibel findet sich eine Predigt, in der Jesus
auch über den Umgang mit Flüchtlingen/Fremden spricht. Dabei geht es um das »Jüngste Gericht«, in dem er als König auftritt. Zu den Menschen, die ihm in ihrem Leben vertraut haben, sagt er: »Ich war ein Fremder, und ihr habt mich in euer Haus eingeladen (Matthäus. 25,35–39). Die Betroffenen fragen daraufhin: »,Wann haben wir dir als Fremder Gastfreundschaft erwiesen?‘ Der König antwortet ihnen: ,Ich versichere euch: Was ihr für einen der Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!‘« (Vers 40). Vielleicht dachte Jesus bei dieser Geschichte an seine eigene Flüchtlingszeit in Ägypten. Er bringt es auf jeden Fall plakativ auf den Punkt: Jene werden einmal ewig leben, die für Durstige, Hungernde, Nackte, Kranke, Häftlinge und – ja auch Fremde da sind (Verse 35.36).
Wenn Jesus wiederkommt, möchte er uns Menschen dabei vorfinden, wie wir voller Liebe für andere leben.
Autor: René Walter
Artikel-Bildnachweis: Dennis Wardzala